Charité-Vorstand handelt in umstrittener Personalfrage |
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Mit großer Beunruhigung hat der Vorstand der Charité Vorwürfe zur Kenntnis genommen, die sich auf die Vergangenheit eines leitenden Mitarbeiters beziehen, der seit einigen Monaten Aufgaben im Rahmen der Modernisierung der größten medizinischen Universitätsklinik Europas übernommen hat. Die Kritik an dessen Einstellung durch den Charité-Vorstand bezieht sich auf die Vergangenheit dieses Mitarbeiters bei der Staatssicherheit der ehemaligen DDR.
Deshalb hat der Vorstand der Charité unverzüglich gehandelt.
Prof. Detlev Ganten, Vorstandsvorsitzender der Charité, hat heute vor der Presse das Vorgehen erläutert:
- Mit dem betreffenden Mitarbeiter wurde vereinbart, dass er bis zur
vollständigen Klärung nicht mehr in seiner derzeitigen Funktion tätig
ist.
- Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Charité, die ebenfalls
Bedenken geäußert haben, wurden u. a. in einer Personalversammlung
informiert. Dabei wurde versichert, dass der Vorstand der Charité ihre
Sorgen sehr ernst nimmt.
- Der Vorstand hat seine Absicht bekräftigt, den Vorgang sehr rasch durch eine unabhängige Kommission überprüfen zu lassen.
Dabei betonte der Vorstand, dass er sich in seinem weiteren Vorgehen
ergebnisoffen von den Empfehlungen der Kommission leiten lassen wird.
Die Kommission wird noch in dieser Woche zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten.
Ihr gehören an:
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Prof. Richard Schröder (Vorsitz)
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Dr. Bernd-Dieter Bohne (Charité)
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Klaus Dünnebier (Charité)
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Martin Gutzeit (Stasi-Landesbeauftragter Berlin)
-
Prof. Harald Mau (Mitglied der "Ehrenkommission" an der Charité nach der Wende)
-
Prof. Jens Reich
Prof. Ganten betonte in seiner Stellungnahme: "Gerade aufgrund der
großen Vergangenheit der Charité sind die heutigen Verantwortlichen
höchst sensibilisiert, wenn es um Personen geht, die Anderen zu
DDR-Zeiten geschadet haben."
Sollte sich dieses damalige Einstellungsverfahren trotz aller Sorgfalt
aus heutiger Sicht als unzureichend herausstellen, wird der Vorstand
der Charité daraus selbstverständlich entsprechende Schlüsse ziehen. Er
bittet aber um Verständnis dafür, dass er sich an rechtsstaatliche
Vorgehensweisen gebunden fühlt.
Zur Vorgeschichte:
Der betreffende Mitarbeiter hatte seit 1990 in leitenden Funktionen in der Wirtschaft gearbeitet.
Bei einer Anhörung vor seiner eventuellen Einstellung durch die Charité
hatte er offen zu seiner früheren Tätigkeit bei der Bekämpfung der
Wirtschaftskriminalität in der DDR Stellung genommen. Ferner hat die
Regelanfrage an die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR die Angaben des Kandidaten
bestätigt; dazu gehört auch die Aussage, dass ein Ermittlungsverfahren
gegen ihn nach der Wende eingestellt worden ist. Da sich bei der
Überprüfung des Kandidaten keinerlei Hinweise für ein persönliches
Vergehen ergeben haben und der Mitarbeiter von zahlreichen Bewerbern am
geeignetsten erschien, hat der Vorstand der Charité nach diesem Stand
des Wissens den Vertrag entsprechend der rechtlichen Situation in
Berlin abgeschlossen.
Anmerkung Team Stasiopfer: Die Personalentscheidung für den
übertariflich bezahlten ehemaligen Verhörspezialist des MfS, trug der
Vorstandsvorsitzende der Charité, Herr Prof. Detlev Ganten. In Kenntnis
der früheren Tätigkeit entschied sich der Vorstand für den früheren
hochrangigen Stasioffizier. Erst der anhaltende öffentliche Protest
brachte die Verantwortlichen zum Hinterfragen der Personalentscheidung. |